Sexualisierte Anrufe
Es ist eine Tatsache, dass es diese Anrufe gibt.
Solche Anrufe irritieren und verunsichern.
Meist sind Frauen betroffen und Anrufer sind Männer.
Muster erkennbar
Man kann ein bestimmtes Muster in der Art der Anrufe erkennen (das ist aber wiederum nicht zwingend immer so):
Anrufe erfolgen meist mit unterdrückter Nummer.
Ein häufig verwendeter Satz am Beginn: „Kann ich mit Ihnen über alles reden?“
Zum „Muster“ gehören weiters: Bitte um Zeit, Bitte um Gehör, dem Anrufer geht es schlecht, er braucht Hilfe, er ist Witwer, geschieden, allein, eine Frau geht ihm sehr ab, er kann hier auch seine sexuellen Wünsche äußern, was ihm abgeht….
Wenn man abbrechen und auf Sexualberatung verweisen will, weitere Bitte noch etwas Zeit zu schenken …. - das Ende ist, dass man wahrnimmt, dass er sich selbst befriedigt.
Als Betroffene/r kann man nicht sofort die Absicht erkennen, meist merkt man es erst, wenn die Grenzverletzung passiert ist.
Reaktionsmöglichkeiten
Auflegen oder
Reagieren: „Sie müssen sich an die Sexualberatung wenden.“ Oder „Falsch verbunden.“
Gegebenenfalls die Nummer aufschreiben, um diese zu sperren bzw. sperren zu lassen.
Auswirkungen auf die betroffene Person
Sie fühlen sich verunsichert, irritiert, geschockt, benutzt, beschmutzt und auch missbraucht.
Handlungsmöglichkeiten danach
Danach ist es wichtig sich klarzumachen:
* Das war eine (massive) Grenzverletzung, ein sexueller Übergriff.
* Es ist passiert, weil es passiert ist, man hat keinen Fehler gemacht, man ist nicht schuld in die Falle getappt zu sein, man hat nichts dazu beigetragen, dass es so kam, wie es kam.
* Man möchte gerne, dass man daraus lernt, dass solche Anrufer gleich vorweg erkennbar sind, dass man nicht solange hilfsbereit ist…. Aber die Situationen sind immer unterschiedlich und man kann immer wieder in diese Falle tappen.
* Man weiß nicht warum man gerade ausgewählt wurde.
* Man weiß nicht, ob er noch dazu ein Foto von der Homepage vor sich hatte.
* Viele Betroffene fühlen sich ausgenutzt, missbraucht sind beschämt, fühlen Ekel.
* jede zweite Frau hat in ihrem Leben mindestens einmal eine Grenzverletzung, einen sexuellen Übergriff, einen Missbrauch erlebt. Solche Anrufe können Erlebtes wieder hochkommen lassen!
* Falls man abrupt aufgelegt hat oder zornig reagiert hat, so ist das richtig gewesen – man muss Grenzen zeigen!
Mögliche Hilfen damit umzugehen:
* Aufstehen, aus dem Raum gehen, ein Glas Wasser trinken, fest am Boden stehen und sich am ganzen Körper abklopfen oder abreiben, um die eigene körperliche Grenze wahrzunehmen und sich zu spüren.
* Die Aufmerksamkeit nach außen richten.
* Auf die Uhr schauen und sagen: „Es ist vorbei, jetzt ist es schon eine viertel Stunde vorbei“, um aus dem Geschehen ganz auszusteigen.
* Erzählen hilft, um Distanz zu gewinnen. Neben privaten Vertrauenspersonen kann man sich auch an die Ombudsstelle (Mag.a Birgit Posch,
Mail: birgit.posch@graz-seckau.at, Tel.: 0676 87426899) wenden oder eine andere Beratungsstelle (z.B. Tara).
* Im beruflichen Kontext: Information über den Vorfall an die Ombudsstelle oder an den Vorgesetzten/die Vorgesetzte weitergeben.
Was könnte man lernen:
* Achten Sie auf ungutes Bauchgefühl, auf ungute Fantasien, die sich während solcher Gespräche abspielen können. Diese Gefühle haben große Bedeutung. Es sind Gefühlsregungen, die zu 80% auf unseren Erfahrungen beruhen und unser Gehirn will uns damit schützen und leiten. Es ist ganz wichtig diese Gefühle, Gedanken, Fantasien zu zulassen, ihnen zu trauen, ihnen nachzugehen, in den meisten Fällen sind sie richtig und keine Vorurteile.
* Man braucht kein schlechtes Gewissen zu haben solche Anrufe vorzeitig zu beenden.
* Kein Abheben bei unterdrückter oder anonymer Telefonnummer.
* Eine Aussprachemöglichkeit zu suchen ist für die Verarbeitung sehr hilfreich.
PS.: Danke an all jene, die solche Anrufe an die Stabsstelle für Prävention von Missbrauch und Gewalt gemeldet haben. Dadurch ist ein Aufgreifen und Reagieren unsererseits möglich geworden und diese Handreichung entstanden!